Donnerstag, 25. September 2014

Nachbarschaftserkundung



Zu einen der ersten Dinge, die man tut wenn man in eine neue Stadt zieht, gehört es meist, die nähere Umgebung zu erkunden. Also habe ich die Chance genutzt und eine Tour mit einigen Damen aus unserem Compound in unsere direkte Nachbarschaft gemacht. Bis jetzt war ich ja immer in Ländern bzw. Städten, in denen Armut und schlechte Wohn- und Lebensverhältnisse kein großes Thema waren oder nicht unbedingt sichtbar für einen Ausländer wie mich.





Heut war ich doch schockiert, wie man eben auch leben kann und ich habe mich einmal mehr privilegiert und stinkereich gefühlt. Diese Wohngegend, die wir heut besucht haben, liegt quasi direkt um die Ecke von unserem „Luxuscompound“ in dem es ca. 400 Häuser gibt, die Wohnflächen von schätzungsweise 200 bis 500 qm haben. In dem jeder seine eigene Ayi (Haushälterin und Nanny) beschäftigt und der Großteil der dort lebenden Menschen auch einen Fahrer zur Verfügung hat. Nicht zu vergessen, die vielen Angestellten für die Sauberhaltung der Straßen, Gärten, Grünflächen usw. Außerdem gibt es noch jede Menge Bauarbeiter, da ständig neue Häuser gebaut oder alte saniert werden. 



All diese Leute müssen ja auch irgendwo wohnen. Sicher, nicht alle leben in solchen extremen Verhältnissen, wie wir sie dort gesehen haben aber doch gibt es sie, in dem Viertel sogar geschätzte 7000. Diese Wohngegend und viele mehr sind wohl wild gewachsen und somit illegal aber geduldet. Da wird sich eben ein Dach über dem Kopf aus dem zusammengezimmert, was an Material vorhanden ist. 



Am Schlimmsten finde ich aber den ganzen Müll überall. Alles wird gerade da entsorgt, wo es nicht mehr gebraucht wird. Eine staatliche geregelte Müllabfuhr gibt es offensichtlich nicht. Aber da viele oder die meisten Chinesen noch kein Bewusstsein für die Umwelt entwickelt haben und sicher noch nie etwas von Umweltschutz gehört haben, ist es ihnen auch völlig egal, dass sie mitten in Dreck, Schrott und Abfällen hausen. Es existieren Gemüseanbau und wilde Müllkippen friedlich nebeneinander, jeglicher Müll wird in den Fluss entsorgt und niemanden juckt es. 



In dem Wohngebiet stinkt es schrecklich und dabei war noch ein guter Tag, da es geregnet hat und es nicht so heiß war. Im Sommer muss der Gestank unerträglich sein. Was ich nicht verstehe ist, dass man sich darüber keine Gedanken macht und es niemanden stört. Gar nicht daran zu denken, was man sich noch so alles an Ungeziefer und sonstigen Keimquellen heranzüchtet. 


Es herrsch reges Leben auf der Straße und es gibt alles, was ein Wohngebiet eigentlich so braucht: Gemüsehändler, Lebensmittelläden, Friseurläden, Metzger, Straßenstände mit Essen aber alles mitten im Müll! Sogar ein Rotlichtviertel gibt es. Aber da will ich gar nicht ins Detail gehen. Ich glaube, an diesem verratzten und schmutzigen Ort an Sex zu denken ist undenkbar. Es sei denn man kann schweben, ist blind, taub und hat seinen Geruchssinn verloren. 



Dabei sind die Leute, die dort leben nicht bettelarm, es gibt genug zu Essen und man kann sich in diesem Wohnviertel auch frei bewegen und muss keine Angst vor Übergriffen haben, alle sind nett, na ja fast alle, aber es ist ihnen einfach völlig egal, wie sie wohnen und ob es schmutzig ist. Sicher ist mein Sinn für Ordnung und Sauberkeit nicht auf die komplette Welt anwendbar aber ich war ehrlich schockiert. So, aber genug davon, es gibt auch schönere Ecken in Peking – davon ein anderes Mal mehr...



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